Laut Artikel 5 des Fakultativsprotokolls prüft das Human Rights Committee die Mitteilung einer Einzelperson nur, wenn es sich vergewissert hat, dass dieselbe Sache nicht bereits in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren (vor allem EGMR) geprüft wird. Nach diesem „Kumulationsverbot“ des Fakultativsprotokolls ist das Human Rights Committee nur daran gehindert, eine Beschwerde zu prüfen, wenn dieselbe Sache gleichzeitig geprüft wird, nicht indes wenn sie schon geprüft worden ist.
Ist das Verfahren vor dem anderen internationalen Gremium (vor allem EGMR) abgeschlossen, ist das Human Rights Committee grundsätzlich nicht daran gehindert, eine Beschwerde über dieselbe Sache zu prüfen. Ausnahme gilt nur dann, wenn der betreffende Vertragsstaat einen entgegenstehenden Vorbehalt zum Fakultativsprotokoll angebracht hat, so auch Deutschland.
„Geprüft“ bedeutet, dass in dem anderen Verfahren eine inhaltliche Auseinandersetzung mit derselben Sache stattfindet. Das ist nicht der Fall, wenn die Beschwerde aus formalen Gründen für unzulässig erklärt wurde.
In der Entscheidung des Human Rights Committee vom 18.6.2013, Marìa Cruz Achabal Puertas v. Spain (1945/2010), CCPR/C/107/D/1945/2010 (2013) hat das Committee die der dortigen Beschwerdeführerin übersandte Mitteilung des EGMR nach Art. 52A der VO nicht als Ergebnis der sachlichen „Prüfung“ gewertet, weil sie „nicht hinreichend erkennen ließ, dass der EGMR eine sachliche Prüfung der Angelegenheit vorgenommen hatte“, Ziff. 7.3. Letztendlich hat das Human Rights Committee den Verstoß gegen Menschenrechte in dem Falle bejaht (nachdem der Gerichtshof die Beschwerde – ohne jegliche Begründung- als offensichtlich unzulässig beurteilt hat). So heißt es in der Entscheidung der Human Rights Committee hierzu:
“The Committee recalls its case law relating to article 5, paragraph 2 (a) of the Optional Protocol to the effect that, when the European Court bases a declaration of inadmissibility not solely on procedural grounds but also on reasons that include a certain consideration of the merits of the case, then the same matter should be deemed to have been “examined” within the meaning of the respective reservations to article 5, paragraph 2 (a), of the Optional Protocol; and it must be considered that the European Court has gone well beyond the examination of the purely formal criteria of admissibility when it declares a case inadmissible because “it does not reveal any violation of the rights and freedoms established in the Convention or its Protocols”.
However, in the particular circumstances of this case, the limited reasoning contained in the succinct terms of the Court’s letter does not allow the Committee to assume that the examination included sufficient consideration of the merits in accordance with the information provided to the Committee by both the author and the State party. Consequently, the Committee considers that there is no obstacle to its examining the present communication under article 5, paragraph 2 (a), of the Optional Protocol.”