Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) behandelt Beschwerden von Einzelpersonen gegen Staaten, nicht jedoch gegen andere Einzelpersonen oder private Organisationen. Der Gerichtshof ist spezialisiert auf die Überprüfung von Menschenrechtsverletzungen durch Staaten, die gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen.

Das bedeutet:

Beschwerde gegen Staaten: Einzelne Bürger können sich beim EGMR beschweren, wenn sie der Meinung sind, dass ein Mitgliedsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention ihre grundlegenden Menschenrechte verletzt hat. Dies könnte beispielsweise Fälle von Folter, unfairen Gerichtsverfahren, Meinungsunterdrückung oder Diskriminierung betreffen.

Grenzen der Zuständigkeit des EGMR: Der EGMR ist jedoch nicht dafür zuständig, Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder privaten Organisationen zu behandeln, es sei denn, der Staat wird beschuldigt, die Menschenrechtsverletzung nicht wirksam verhindert oder geahndet zu haben. In solchen Fällen müsste die Beschwerde darauf abzielen, dass der Staat seine Pflichten zur Sicherung der Rechte der Einzelnen verletzt hat. Hier sind einige Beispiele aus der Rechtsprechung des EGMR:

Horvath und Kiss gegen Ungarn (2013):

Fall: Die Beschwerdeführer, zwei Roma, wurden von Privatpersonen angegriffen, und die ungarischen Behörden hatten es versäumt, angemessen zu ermitteln und die Täter zu verfolgen.
Entscheidung: Der EGMR stellte fest, dass die ungarischen Behörden in ihrem Schutzversprechen versagt hatten und somit eine Verletzung des Rechts auf Leben (Artikel 2 der EMRK) vorlag.

Opuz gegen die Türkei (2009):

Fall: Die Beschwerdeführerin wurde wiederholt von ihrem Ehemann misshandelt. Die türkischen Behörden unternahmen jedoch keine ausreichenden Schritte, um sie zu schützen, obwohl sie Kenntnis von den Vorfällen hatten.
Entscheidung: Der EGMR entschied, dass die türkischen Behörden ihre Verpflichtung zur Gewährleistung des Schutzes vor häuslicher Gewalt nicht erfüllt hatten, und erklärte dies für eine Verletzung von Artikel 2 (Recht auf Leben) und Artikel 3 (Verbot der Folter) der EMRK.

M.C. gegen Bulgarien (2003):

Fall: Die Beschwerdeführerin war Opfer von Menschenhandel und erlitt sexuelle Ausbeutung. Die bulgarischen Behörden hatten jedoch keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um sie zu schützen.
Entscheidung: Der EGMR befand, dass die Behörden gegen Artikel 4 (Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit) der EMRK verstoßen hatten, da sie nicht genügend Schutz vor Menschenhandel und Ausbeutung gewährleistet hatten.
Diese Beispiele zeigen, dass der EGMR in bestimmten Situationen bereit ist, die Verantwortung eines Staates für Menschenrechtsverletzungen durch private Akteure zu prüfen, wenn der Staat seinen Pflichten zum Schutz der Einzelnen nicht nachgekommen ist.

Alternative Rechtsmittel gegen Einzelpersonen oder private Organisationen: Für Beschwerden gegen Einzelpersonen oder private Organisationen müssen Bürger sich in der Regel an nationale Gerichte oder alternative Rechtsmittel innerhalb des jeweiligen nationalen Rechtssystems wenden. Dies könnte die Einleitung zivilrechtlicher Verfahren, Strafverfahren oder andere rechtliche Schritte beinhalten, die auf nationaler Ebene verfolgt werden.